Einfach so dahin geschrieben oder aus meinen Nähkästchen geplaudert...

Wenn du "Über mich" schon gelesen hast, dann weißt du ja schon einiges von mir.

Mit "Verfilztes & Handgenähtes" habe ich mir so einen kleinen Traum erfüllt. Ich kann kreativ tätig sein, ohne dass unser Haus aus allen Nähten platzt. Das verdanke ich euch, die ihr Gefallen an meinen Sachen findet und mir auf Märkten und in meinem kleinen Shop das ein oder andere Teilchen abnehmt.

 

Herzlichen Dank dafür!

 

Während meines Tiermedizinstudiums habe ich im Traum nicht daran gedacht, dass ich mit einer einstülpenden Darmnaht später auch mal so schöne Dinge machen würde. 

 

Schon in meinem ersten Praktikum in einer Kleintierpraxis durfte ich immer die abschließende Bauchnaht machen, weil ich "so schöne Nähte" anlege. Ja ich habe einfach immer schon gerne mit Nadel und Faden hantiert.

 

Da ich meinem Studium also auch in dieser Hinsicht doch einiges zu verdanken habe, habe ich mir gedacht, es wäre doch was, auch mal einfach ein bisschen aus diesem Nähkästchen zu plaudern und euch einen Blick hinter die Kulissen eines Tiermedizin-Studenten zu gewähren, denn da gibt es durchaus auch lustige Begebenheiten, die denen in der Praxis in nichts nachstehen, im Gegenteil.

Denkt beim Lesen aber bitte daran, wenn es ab und an holpert, ich bin Tierärztin, vielleicht auch kreativ, aber keine Schriftstellerin und

alle Rechtschreibfehler, die ihr unterwegs findet, dürft Ihr gerne behalten.

 

In diesem Sinne nochmal zurück ins Studentenleben:

 

Von A wie Anatomie bis Z wie Zitronensäurezyklus oder die Vorklinik

 

In Deutschland gibt es fünf Hochschulen, an denen man Tiermedizin studieren kann und zum Glück hatte ich eine davon vor der Haustüre. Wie ein Sechser im Lotto war es dann natürlich, wenn man da auch noch einen Platz bekam. Die zu Beginn des Studiums vorherrschende Euphorie über die geniale geographische Lage der Fakultät, direkt am Englischen Garten und der, damit verbundenen Vorstellung von Sommersemestern mit einem guten Buch am Eisbach liegend, verflog allerdings schon zu Beginn des Wintersemesters mit Einblick in das Vorlesungsverzeichnis. Der vermeintliche Witz des Dekans, im Rahmen seiner Begrüssungsrede, über den Unterschied eines Soziologiestudenten und eines Tiermedizinstudenten bestätigte die Befürchtung. Der Witz ging so:

„Was ist der Unterschied zwischen einem Soziologiestudenten und einem Tiermedizinstudenten?

Man gibt beiden ein Telefonbuch in die Hand.

Der Soziologiestudent sagt:

„Was soll ich damit?“,

der Tiermedizin-Student fragt:

„Wann muss ich es können?“

 

Wieviel Wahrheit in diesem vermeintlichen Witz steckte, bekamen wir in der ersten Anatomievorlesung zu spüren. Das Standardwerk „Nickel, Schummer, Seiferle“ Anatomie in fünf Bänden wurde uns ans Herz gelegt. Das unter „Klinikern“ (Studenten die es bereits am Physikum vorbei in die klinischen Semester geschafft hatten, für uns damals unvorstellbar) als "Nicker, Schlummer, Schläferle“ bezeichnete Werk war zumindest auf sein Gewicht bezogen seinen Preis absolut wert. Mit leerem Geldbeutel, aber dafür tonnenschwerer Tasche machte ich mich auf den Heimweg. Wir wohnten damals in einer sehr netten Wohnung direkt unterm Dach, oder anders gesagt vierter Stock ohne Lift. Als ich mit den Herren Nickel, Schummer und Seiferle vor unserer Wohnungstür angekommen war, war ich total k.o. Zum Glück wusste ich da noch nicht, dass die drei Herren einen recht großen Bekanntenkreis hatten, von denen noch so mancher bei uns seine Aufwartung machen sollte.

Meinem damals noch-nicht-Ehemann waren die Herren von Anfang an unsympathisch, da ich von ihrem ersten Antrittsbesuch an so gut wie jede Nacht mit ihnen verbrachte. Meine Vorstellung von durchgemachten Nächten waren allerdings auch andere, als mit Buntstiften Knochenvorsprünge anzumalen und Begriffe zu lernen, die man weder lesen noch aussprechen konnte. Erschwerend bei der ganzen Geschichte kam noch hinzu, das macht den besonderen Reiz an der Tiermedizin aus, dass die einzige Gemeinsamkeit unter den Tieren darin besteht, dass sie (fast) alle auf vier Beinen stehen. Das hieß für die Praxis, hatte man den Knochen für die Katze gelernt, hatte man eben diesen fürs Rind, Schwein oder Pferd schon wieder vergessen. In solchen Fällen sucht man ja gerne einen Schuldigen und ich hatte ihn im Pschyrembel (humanmedizinisches Wörterbuch mit allen Scheußlichkeiten, die sich die Natur für uns Menschen so ausgedacht hat) gefunden. Er war schuld, ohne ihn hätte ich auch Humanmedizin machen können und dann wäre es eben nur ein Humerus (Oberarm) gewesen und nicht fünf.

 

„Das Studium habe ich mir aber ganz anders vorgestellt!!!“, ist sicher einer der meist gesprochenen Sätze eines Tiermedizinstudenten im ersten Semester. Warum willst du wissen? Das kann ich dir sagen. Was steckt in dem Wort Tiermedizin? Genau Tier und Medizin, aber keines von beidem sind wir begegnet. Die Tiere gab es nur in Bruchstücken, mal mehr, meist jedoch eher weniger gut riechend auf dem Anatomietisch und Medizin kam nur in Form von Kopfschmerztabletten und MCP-Tropfen vor, mit deren Hilfe man versuchte seinen Mageninhalt nicht zum Gegenstand der Prüfung werden zu lassen, denn die Anatomietestate waren gefürchtet. Sie bildeten immer den krönenden Abschluss einer Lerneinheit. Wie hatte man sich das vor zu stellen. Da stand also eine Gruppe von sechs Todeskandidaten (unser Empfinden) um einen Tisch aus Edelstahl herum, der vermutlich lieber Karriere in einem großen schwedischen Möbelhaus gemacht hätte, als bestenfalls nach Formalin riechende Innereien zu präsentieren, und versuchte die Fragen des Professors zu den Präparaten nicht total sinnentstellend zu beantworten. Das gelang mal mehr, mal weniger erfolgreich. Ich kann mich da an den Fall eines männlichen Kollegen erinnern (vermutlich, weil man die männlichen Kollegen schon damals an einer Hand abzählen konnte), der einen 15-minütigen Vortrag über die weiblichen Geschlechtsorgane des Pferdes hielt, dass einem die Luft weg blieb. Das siegessichere Lächeln auf seinem Gesicht verschwand allerdings rasch, als der Professor ihn fragte:

„Herr Kollege könnten sie sich eventuell vorstellen, dass es sich bei den vorliegenden Eierstöcken auch um Hoden handeln könnte?“

 

Den Schlafmangel verursacht durch die schon mehrmals erwähnten „Herren“ Nickel, Schummer und Seiferle hätten wir wahrscheinlich nicht so gut überstanden, wenn es nicht so Fächer wie Physik und Botanik gegeben hätte. Anfangs schlief man da noch im Hörsaal, später erledigte man das, der Bequemlichkeit halber, lieber gleich daheim im Bett. Nur weil die Kühe Gras fressen, muss man doch nicht sämtliche an der Photosynthese beteiligten Pigmente kennen und die Kenntnis von den Gesetzmäßigkeiten des freien Falls änderten sicher auch nichts, wenn der Kuhfladen punktgenau auf dem neuen Designerschuh landete. Was wir uns zu diesem Zeitpunkt übrigens alle gewünscht hätten. Solche Sehnsucht hatten wir nach lebenden Tieren.

 

Nach dem zweiten Semester stand das Vorphysikum ins Haus. Das hieß mündliche Prüfungen in Zoologie, Botanik, Physik und Chemie. Zoologie und Chemie machten mir weniger Sorgen, da war ich öfter mal in den Vorlesungen, aber für Botanik und Physik musste jetzt ein Notfallplan her, denn „den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf“ hatte nicht funktioniert. Da erinnerte ich mich an meinen Mitbewohner der mittlerweile ein Dr. rer. nat. war. Wir hatten uns im Verlauf der letzten zwei Semester etwas aus den Augen verloren, denn während ich nachtaktiv war und tagsüber mal ein Nickerchen abhielt, verdiente er Geld und schlief nachts. Ich begann einen vorsichtigen Annäherungsversuch mit den Worten: „Wir sollten dringend mal wieder etwas gemeinsam machen!“ Mein Mitbewohner strahlte wie ein Honigkuchenpferd und sah uns insgeheim schon ins Kino gehen und danach schön essen. Das traf es allerdings nicht ganz, denn statt Kino und Essen durfte er mit mir erst in die Physikabteilung des Deutschen Museums und dann noch in den Botanischen Garten. Ein Essen, von mir!, gab es dann als Belohnung für die geglückte Rettungsaktion. Das Vorphysikum war damit geschafft. Mehr aber leider auch nicht.

 

Solltest du zufällig am Anfang genau dieses (oder auch eines anderen) Studiums stehen möchte ich an dieser Stelle noch schnell ein paar kleine Tipps zu mündlichen Prüfungen geben:

 

Es gibt Professoren, die zur Entspannung der angespannten Atmosphäre, gerne den Prüfling fragen, was ihm an diesem (ihrem!) Fach besonders gut gefallen hat. Die Antwort „Gar nichts!“ ist schlecht. Das führt nur dazu, dass jetzt auch euer Prüfer verkrampft. Besser ist es sich ein konkretes Thema auszusuchen. Hierbei ist aber Vorsicht geboten. Auf keinen Fall sollte man ein Thema wählen zu dem man dann nichts sagen kann. Genauso schlecht ist es aber auch, wenn man überhaupt nur zu einem Thema etwas weiß, dieses dann anzusprechen. Da kann es nämlich durchaus passieren, dass der Prüfer sagt: „Sehr schönes Thema, mag ich auch gerne, aber da ich annehme, dass sie sich da eingelesen haben, werde ich sie lieber etwas anderes fragen“.

Für alle, denen es nicht nur ums pure Überleben geht, sondern die auch den Anspruch haben, eine gute Note einzuheimsen gilt es besonders die Themenauswahl mit Bedacht anzugehen. Warum? Ganz einfach, hat man eine gute Note geschafft möchte man damit angeben, sonst hätte man ja einfach auch nur das mit dem Überleben wählen können. Da kommt dann aber zwangsläufig irgendwann die Rede auf das Thema der Prüfung und da will man nicht unbedingt gerne zugeben, dass man die eins in Zoologie dem Liebesleben der Schnecken zu verdanken hat.

Ich hatte eingangs erwähnt, dass der Frauenanteil (durchaus nicht immer sehr zur Freude der Professoren), gerade im Fach Tiermedizin, besonders hoch ist, deshalb ist folgender Ratschlag für euch Mädels (jedweder Fachrichtung) unumgänglich:

Solltet ihr euren Prüfer eventuell schon einmal in einer Vorlesung, Übung oder wo auch immer gesehen haben, achtet bitte sehr genau darauf, wenn ihr eure Schuhe für die Prüfung auswählt, wie es sich dann mit eurer Körpergröße im Verhältnis zu der des Prüfers verhält. Da wir hier ja unter uns sind, das „KM-Syndrom“ (Kleiner-Mann-Syndrom) kann bei Professoren unter 165 cm Körpergröße eventuell sehr stark ausgeprägt sein und in diesem Fall sind hohe Absätze absolut kontraindiziert, denn durch sie werden die am "KM-Syndrom" leidenden Professoren unter Umständen zur Auswahl extrem fieser Prüfungsfragen animiert.

 

Hinweis am Rande: später in den klinischen Semestern tritt dieses Absatzproblem zunehmend in den Hintergrund, denn Gummistiefel haben komplett flache Absätze. (Dafür aber Stahlkappen!)

 

Fortsetzung folgt…aber für heute ist´s genug und schließlich steht der nächste Markt vor der Tür. Da ist einiges vorzubereiten. Vielleicht erzähle ich da auch mal mehr darüber...also schau doch mal wieder rein. 

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