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"Ja mei Kind willst jetzt Standlfrau werden?" Teil 1

Das war damals die erste Reaktion meiner Mutter, als ich verkündete, mein zu viel an gestrickten, genähten und kreativen Dingen jetzt nicht mehr im Freundeskreis zu verteilen, sondern stattdessen an wildfremde Menschen zu verkaufen.

Nachdem sie den ersten Schock etwas überwunden hatte, wollte sie es genauer wissen. Doch für genauer war ich nicht vorbereitet. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt nur beschlossen, die zu vielen Sachen zu verkaufen. Wie und wo... wusste ich selbst noch nicht. Doch das war meiner Mutter zu wenig. 

Sofort am nächsten Tag rief sie mich an und gab mir eine Telefonnummer. Die hatte sie von einer schon lange als Kunsthandwerkerin- agierenden -Bekannten bekommen, mit dem Hinweis ich solle den Herrn mal anrufen, der würde in München und Umgebung Märkte organisieren.

Welche genau, wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Und das war gut so, denn hätte ich gewusst, in welcher Liga derjenige da so spielte, dann hätte ich da nie angerufen. 

Ich war also ganz unbedarft, rief die Nummer an und sagte:

" Ich bin auf der Suche nach einem Standplatz bei einem Kunsthandwerkermarkt und da habe ich von einer Bekannten meiner Mutter ihre Nummer bekommen."

Darauf sagte er mir:

" Ich hoffe sie machen keinen Schmuck, denn dann müsste ich sie leider schon an dieser Stelle abwürgen." 

Darauf ich: "Nein Schmuck mache ich eigentlich nicht, mehr so in Filz und Stoff."

 

Daraufhin gab er mir seine Email-Adresse und bat mich ihm ein paar Fotos von meinen Sachen zu schicken. Damals hatte ich keine Ahnung, wie man Dinge, die in natura eigentlich eine ganz gute Figur machten, so fotografiert, dass sie auch auf dem Foto noch gut aussehen.

Ich machte also Fotos von meinen Sachen, vor einem, aus heutiger Sicht, unmöglichen Hintergrund, und schickte sie los.

Noch am selben Tag bekam ich Antwort:

"Wenn sie mir noch ihre Anschrift zukommen lassen, dann schicke ich ihnen eine Anmeldung für den nächsten Markt zu."

 

Diese Email las ich mehrfach, denn ich konnte nicht glauben, dass das so einfach war.

Nachdem sich die erste Euphorie etwas gelegt hatte, kam mir erst, dass ich keine Ahnung hatte, für welchen Markt ich da jetzt überhaupt eine Anmeldung bekommen würde. Das hatte ich in der Aufregung am Telefon gar nicht geklärt und mein Gesprächspartner sagte natürlich auch nichts, ging er doch davon aus, ich wüsste um welchen Markt es ging, wenn ich ihn anrufe.

So beschloss ich erstmal zu warten. Als ich dann zwei Tage später die Post öffnete, staunte ich nicht schlecht, als sich in dem Umschlag eine Anmeldung für das Münchner Stadtgründungsfest befand.

Ich sagte zu meinem Mann: "Das muss ein Irrtum sein."

Seine Antwort: "Das glaube ich nicht, der macht das schon länger."

 

Normalerweise fängt man ja in diesem "Geschäft" eher klein an, Schul-Basar, Flohmarkt, kleine Hobby-Künstlermärkte in der Gegend...

Ich ließ diese Stufe irgendwie einfach aus.

Ich kleckerte nicht, ich klotzte gleich.

In der Anmeldung sollte ich die gewünschte Standfläche angeben. Ich hatte so Flohmarkt-Tapeziertisch-Größe im Kopf, die Option gab es aber nicht. 3 mal 3 Meter Zelt war das Minimum. Hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt geglaubt, zu viele Sachen zu haben, wurde mir jetzt klar, ich hatte zu wenig.

Bis zum Stadtgründungsfest, das immer an einem Wochenende im Juni statt findet, hatte ich genau noch sechs Monate Zeit. Die Uhr tickte und ein Zurück gab es nicht.  

 

Im Internet begab ich mich auf die Suche nach einem geeigneten und bezahlbaren Marktzelt. Geeignet waren sie fast alle, bezahlbar waren aber nur wenige. Schließlich bin ich doch noch fündig geworden. Den Fahrer des Transportunternehmens, das mir Tage später mein Heiligtum lieferte, habe ich nur von hinten kennen gelernt. Noch während er an der Tür klingelte sprang er mit großen Schritten zurück zu seinem Wagen. Beim Versuch das Paket anzuheben war mir klar, warum er es so eilig hatte. Der Weg zum Haus hatte ihm schon alles abverlangt, mehr war nicht drin.

Da stand ich jetzt mit meinem niegelnagelneuen, tonnenschweren Marktzelt vor unserer Haustür und dachte darüber nach, ob es zwischen Preis und Gewicht bei Marktzelten einen direkten Zusammenhang gab oder ob das einfach Zufall war.

Am Abend kam mein Mann nach Hause und fiel in der Dunkelheit fast über unseren gewichtigen Familienzuwachs. Ja man könnte sagen auch er ist in den "Meine Frau wird Standlfrau"- Lebensabschnitt irgendwie so hinein gestolpert.

 

Nachdem das Zelt die erste Nacht im Freien gut überstanden hatte, schafften wir es am nächsten Tag in Etappen ins Gartenhaus.

Als Kind hatte ich eine Schallplatte mit Kurzgeschichten eines Schweizer Kinderbuchautoren und da gab es eine Geschichte, in der ein Mann dachte, wenn die Erde rund ist, dann müsste er, wenn er einfach immer geradeaus gehen würde, doch wieder an der Stelle ankommen an der er losging. Das erste Hindernis war aber bereits das Haus des Nachbarn. Er würde eine Leiter brauchen um hinüber zu kommen und dann einen Wagen für die Leiter usw.  

Man könnte also sagen, an einem Markt teil zu nehmen, ist ein bisschen wie eine Erdumrundung. Ein Zelt für den Markt und einen Wagen für das Zelt...einen Tisch und  einen Tisch für den Tisch und eine Tischdecke für den Tisch...

 

du willst wissen, wie es weiter ging?

Schau einfach mal wieder vorbei, denn wie immer gilt: Fortsetzung folgt...

 

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